Weinrallye #76 – Pinotage - der Ungeliebte - Marry had a little LAM!

von Marc Dröfke
Denzel Washington ist sicherlich jedermann ein Begriff. Der U.S. Schauspieler gehört zu den bekanntesten und bestbezahltesten seiner Zunft. Außerdem hat er in seiner Karriere bis dato schon zwei Oscars und zwei Golden Globes, sowie etliche Nominierungen eingeheimst. Er zählt zu den absoluten Stars in Hollywood und ist einer meiner Lieblingsschauspieler.

Was hat Denzel Washington bitte mit Pinotage zu tun, werden sich jetzt einige berechtigter Weise fragen. Witzigerweise hatte ich meine erste Begegnung mit der Rebsorte,  um die es sich heute drehen wird, durch Washington. Es muss ungefähr März/April 2012 gewesen sein. Das „Wein-Fieber“ hatte mich gerade erst gepackt. Ich kannte Riesling, Cabernet-Sauvignon, Merlot und vielleicht noch Sangiovese als Rebsorten. Mehr nicht.

Eines Abends saß ich im Kino und schaute mir Denzel Washingtons neusten Film „Safe House“ an. In diesem Action-Thriller, der durchgängig in Kapstadt und Umgebung spielt, mimt er einen abtrünnigen CIA-Agenten, der der Agency mal so richtig eins auswischen will, in dem er geheime Daten an dubiose Leute weiterverkauft. Dabei ist die Film-Figur, die Washington spielt, neben seiner Agententätigkeit, auch ein ausgesprochener Weinliebhaber. 

Wie das bei nahezu jedem Action-Film so ist, kommt es am Ende zum Showdown zwischen Gut und Böse in einem kleinen Landhaus außerhalb von Kapstadt. Washington wird lebensgefährlich verletzt. In seinen letzten Atemzügen sagt er: „Hier riecht es ein bischen wie Pinotage. Gute Traube, guter Wein. Er reift sehr früh, der Pinotage, ist großartig.“ Ziemlich befremdliche letzte Worte für einen Mensch, der im Sterben liegt, aber eben auch das ist Hollywood.

Ob es sich hier lediglich um einen geschickten PR-Zug der Filmmacher handelt, um den Pinotage in ein entsprechendes Licht zu rücken, bleibt offen. Zumindest bei mir blieb die Message relativ gut verankert, denn nach diesem Zitat habe ich mich bis zum Aufruf zur Weinrallye Nummer 76 durch Peter Züllig, nicht mehr mit dem Thema Pinotage beschäftigt. Allerdings gleich nachdem ich das Thema sah, klickte es irgendwo im Kopf. Da war doch mal was mit einem Film....

Weg vom Glotzofon, hin zu den Fakten! Der Pinotage ist eine Kreuzung der Cinsault Traube und des allgemein bekannten Pinot-Noirs. Sie wurde Mitte der zwanziger Jahre von einem Professor an der Universität in Stellenbosch durchgeführt. Seitdem hat sich der Pinotage schwer getan aus Südafrika heraus zu kommen. Wenige Hektar werden zwar in Neuseeland, Brasilien oder auch Kanada bewirtschaftet, mehr als 90% der Produktion weltweit ist allerdings in Südafrika geblieben. Die Rebsorte bevorzugt ein heißes und trockenes Klima, wie es in den dortigen Gefilden meist anzutreffen ist. Die Traube reift früh (Denzel hatte sogar Recht) und weißt einen relativ hohen Zuckergehalt auf, was oft zu sehr fetten, fruchtbetonten und alkoholreichen Weinen führt. Allerdings hat sich die Qualität in den letzten Jahren, in der Breite wohl extrem verbessert.

Den Wein den ich heute vorstellen möchte stammt aus der Hand eines DER Supertalente vom Kap. Die Rede ist von Craig Hawkins aus dem Swartland. Hawkin ist neben seinem eigenen Projekt Testalonga, noch als Weinmacher auf dem Familienweingut Lammershoek aktiv. Dies resultiert auch aus der Gegebenheit, dass Hawkins Freundin, die Tochter der Besitzer Paul und Anna Kretzel ist. Hawkins, der trotz seines relativ jungen Alters schon einige weltweite Stationen hinter sich gebracht hat, setzt ganz auf eine natürliche Anbauweise, früher Lese und möglichst geringen Eingriffen im Weinberg. Die Weine werden nicht geschönt und möglichst gering geschwefelt,  bevor sie auf die Flasche gezogen werden.

Hier ist ein kleines Video, das die Weinberge der Winery zeigt. 

Der von mir getrunkene Pinotage stammt aus der LAM-Linie, die die Basis des Weingutes darstellt. Hier wird nicht ganz so viel experimentiert, wie bei den beiden anderen Linien, geschweige denn von Hawkins eigenem Projekt Testalonga. Es sollen einfache Weine mit Charakter und Trinkfreude sein, die einen Zugang zu den anderen Weinen des Sortiments schaffen.

Als der Wein dann ins Glas fließt frag ich mich allerdings schon, ob ich mich irgendwie verlesen habe. Grundsätzlich dunkle, dick und fett? Keine dieser Eigenschaften haften diesem Wein in irgendeiner Weise an!

Im Glas dreht ein Wein in sehr hellem, transparentem Erdbeerrot. Erinnert mich stark an einen jungen Nebbiolo oder Pinot. Der Wein ist leicht trüb, das kommt daher, dass der Wein wie oben schon erwähnt, nicht geschönt oder filtriert worden ist.

In der Nase kommt der Wein sehr über die Frucht. Zunächst sehr viel Sauerkirsche, die  dann in Richtung saftige rote Walderdbeeren, Zwetschge und etwas Himbeere dreht. Dahinter auch ein paar leichte rauchige Töne, etwas Zimt und Spekulatius sowie etwas Holz. Sehr feine, nicht zu kitschige, aufdringliche Nase. Und absolut sauber.

Am Gaumen ist der Stoff sehr schlank, wirkt Anfangs fast zu dünn und ohne Substanz. Mit etwas Zeit, wird das aber besser. Nimmt man einen ordentlichen Schluck in den Mund und saugt etwas Luft hinzu, wird der Wein breiter und bekommt, die von mir zunächst vermisste Spannung. Der Wein hat eine tolle Säure, die ihm neben dem geringen Alkohol von gerade mal 12,5% Trinkfreude verleiht.

Was ihm fehlt ist ein bisschen der letzte Nachdruck am Mittelgaumen und das Finish könnte auch länger sein, aber das darf man von diesem Wein wahrscheinlich einfach nicht verlangen. Ich empfehle dringend diesen Wein vor dem Verzehr leicht zu kühlen, die Aromatik, vor allem die Frucht, kommt so viel besser zur Geltung.

Ein außergewöhnlicher, leichter, unkomplizierter Stoff, der zeigt, dass Craig Hawkin jedes Klischee, welches den Pinotage umgibt, abgeschüttelt und seine ganz eigene Interpretation dieser Rebsorte auf die Flasche gebracht hat. Ich denke das Zitat „Off the beaten path“, was so viel heißt wie „Abseits der üblichen Wege“.  Passt hier sehr gut.  

Für ca. 11,60€ hier zu beziehen.
Der Direttore möchte darauf hinweisen, dass wir für Verlinkungen, Verkostungen, etc. keinerlei Geld erhalten. 


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